Elke Marhöfer
Elke Marhöfer hat ihre künstlerische Ausbildung in Stuttgart, Chicago, New York und Berlin absolviert. Sie lebt und arbeitet in Berlin und lehrt an der Valand School of Fine Arts in Göteborg. Video ist ein bevorzugtes Medium ihrer Arbeit, sie bedient sich aber auch installativer Formen, zeichnet und arbeitet plastisch.
Donnerstag, 8. März 2012 - Kino Arsenal
19.00
Is there something else I've lost? D/China 2011, 38’, OmeU
Ani, Nan DooKKeobiga Anigo Geobuk-ee Yo! (No, I am not a toad, I am a turtle!) D/Rep Korea 2012, 50’, OmeU
21.00
Dalla nube alla resistenza (Von der Wolke zum Widerstand)
Danièle Huillet, Jean-Marie Straub, Italien 1978, 103’, OmU
Elke Marhöfer zeigt zwei Filme, die auf Reisen nach China und Südkorea entstanden sind. Is there something else I've lost? zeigt, „wie Architektur, Gemüse und Film ineinander immigrieren, sich stützen und entwurzeln“. Der Film entstand im Umfeld von Selbstversorgergärten am Stadtrand der Metropole Wuhan. Die Arbeit reflektiert auf das sukzessive Verschwinden dieser Kleinökonomien sowie auf die Beobachterin mit der Kamera. In No, I am not a toad, I am a turtle! (D/Rep Korea 2012) überlagern sich traditioneller Pansori Gesang, animistische Erzählungen und neoliberale Gegenwart. In Rhythmus, Schnitt und Narration greift der Film die mystische Identität von Mensch, Tier und Dingwelt auf, wie sie im Pansori zum Ausdruck kommt.
Aus dem Arsenal-Archiv wählte Elke Marhöfer Von der Wolke zum Widerstand von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, der sich anhand zweier Texte von Cesare Pavese mit der animistisch-bäuerlichen, als auch mit der faschistischen Erbschaft Italiens auseinandersetzt.
Der Standpunkt der Aufnahme - Archiv:
Mittwoch, 20. Oktober 2010
19.00
Bauern!, Elke Marhöfer, Burkina Faso 2007, DV, OmU, 51’
permeable super real, Elke Marhöfer, China 2010, DV, OmU, 34’
21.30
Carte Blanche
Trop tôt, trop tard (Zu früh, zu spät), Jean-Marie Straub & Danièle Huillet, Frankreich/ Ägypten 1981, 16 mm, dt. Fassung, 105’
Zentrale Motive in Elke Marhöfers frühen Arbeiten sind Formen von Dissens und Widerstand, deren Selbstdarstellung und Ästhetisierung sowie die Rolle des politischen Subjekts und auch der Künstlerin als teils prekäre, teils privilegierte Akteurin.
Bauern. Die Politik des Alltäglichen
2006 und 2007 sind auf mehreren Reisen nach Burkina Faso vier formal sehr unterschiedliche Videos entstanden, die sich mit der Situation der von der Baumwollwirtschaft lebenden Landbevölkerung beschäftigen. Teils phänomenologisch, teils dialogisch untersuchen sie die eklatante Kluft zwischen lokalen Reproduktionstechniken und globalisierten Machtstrukturen. Die Arbeiten dokumentieren eine Begegnung, die von Sympathie und Solidarität ebenso bestimmt ist wie von offenen Fragen und Distanz. Für Elke Marhöfer markieren sie auch den Beginn eines andauernden Interesses für das Thema Landarbeit, das Leben von Bauern, das zunehmenden Zerreißproben ausgesetzt ist, wo es nicht bereits gänzlich anachronistisch geworden ist.
Das Interesse für Alltägliches, das dabei in den Vordergrund rückt, macht für sie diese Arbeiten keinesfalls unpolitisch: „Politik ist für mich nicht das, was Politiker machen, die ‚große’ Politik. Das Politische, das mich interessiert, ist informell. Das Alltägliche, die Art, wie wir mit unseren Bedürfnissen und Wünschen umgehen, aber auch die ökonomische Unterdrückung zum Beispiel. Schlicht die Tatsache, dass wir arbeiten müssen, um Geld zu verdienen. Auch das hat mit Politik zu tun.“ (Elke Marhöfer)
Für die in Burkina Faso entstandene Arbeit nearness to large rivers eats the eyes erhielt Elke Marhöfer 2007 den Lukas Cranach Preis für Videokunst.
In Vorbereitung eines Dissertationsvorhabens an der Universität Göteborg reiste Elke Marhöfer 2009 und 2010 zunächst nach Südkorea und anschließend mehrfach nach China in die Provinz Yunnan. Auch dort setzt sie sich in ihren Arbeiten mit dem Leben der Landbevölkerung auseinander, den Produktionsweisen und der Natur, die zu einem unsicheren Bezugssystem wird. Wie schon in Burkina Faso reflektieren und inszenieren die entstandenen Videos auch das problematische Verhältnis zwischen der dokumentierenden Kamera und den agierenden Protagonist/innen. Während jedoch in Burkina Faso die Fragestellungen der Künstlerin von selbst zu einem aktivistischen Eingreifen geführt haben – ihr Video Sugar Free! produzierte sie für eine lokale Informationskampagne gegen die Knebelpolitik der Pharmakonzerne –, sah sich Elke Marhöfer in China erneut mit der eigenen Fremdheit konfrontiert:
„Diese Arbeiten beziehen sich auf keinen Diskurs. Bis dahin ging es in meinen Arbeiten eigentlich immer zentral um ein ‚Problem’. Aber als ich nach China kam, war ich nicht sicher, was ich hier tun könnte. Ich wollte gerne etwas zur Landarbeit machen, aber es ergab sich keine Zusammenarbeit mit Bauern wie in Burkina Faso. Was bedeutet es, sich mit einem chinesischen Bauern solidarisch zu zeigen? Stattdessen habe ich mich gefragt: Wie kann ich mit jemandem sein? Mit jemandem zu sein, heißt Grenzen zu akzeptieren. Vielleicht habe ich mich dabei auch zensiert, aber ich glaube eher, dass diese Beschränkungen meine Arbeitsweise erweitert haben. Ich habe mich auf Wahrnehmung konzentriert, auf Narzissmus, auf eingebildete Befriedigung und die Frage, was es heißt, an einem bestimmten Ort zu sein und dort meine Arbeit zu zeigen.“
Mehr Informationen zu Elke Marhöfer und ihren Arbeiten: www.whateverbeing.de
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